WHY FRETS? ist ein transmediales mehrteiliges Projekt, das sich mit einer neu erfundenen Geschichte der E-Gitarre beschäftigt. Marko Ciciliani brachte es im März 2022 auf dem Time-Canvas-Festival in Antwerpen zur Uraufführung und spielte es erneut in einer überarbeiteten Version Anfang Oktober des gleichen Jahres auf dem ORF-MUSIKPROTOKOLL in Graz. Seitdem wurde es in Polen, Serbien, Kroatien und Deutschland aufgeführt.
Die vier Teile des Projekts - die Installationen (Why Frets? – Tombstone und Why Frets? - Necromancy), ein audiovisuelles Solokonzert mit überwiegend analoger Elektronik (Why Frets? - Downtown 1983) und eine Lecture-Performance (Why Frets? - Requiem for the Electric Guitar) – basieren auf einer fiktiven Geschichte der E-Gitarre, die aus der Perspektive des Jahres 2083 dargestellt wird. Ciciliani konstruierte die Geschichte durch „spekulative Fabulation“ – eine absichtliche Neuerfindung der Vergangenheit, um die vielfältigen Bedeutungen dieses Instruments zu dekonstruieren. So rückt er die E-Gitarre mit ihrer besonderen Geschichte, ihrer kulturellen Konnotation und komplexen Symbolik insbesondere in Bezug auf Gender und Männlichkeit in ein neues Licht.
Die Mixed-Media-Installation Why Frets? - Tombstone besteht aus vier ineinander verkeilten E-Gitarren, deren Hälse jeweils unter den Saiten der Nachbargitarre liegen. Zusammen bilden die vier Gitarren eine musikalische Skulptur. Sie liegen horizontal auf vier Hi-Hat-Ständern und die Designs der vier Gitarren sind klassische Formen des Metal-Genres - Flying V, Warlock und andere. Eine quadratische Fläche auf der Innenseite der Gitarren ist mit einem Flechtmuster aus 1/4-Zoll-Tonband gefüllt.
Die Saiten aller Instrumente werden durch elektrische Magnete zum Schwingen gebracht, die sich am Hals und im Tonabnehmerbereich befinden. Langsam ansteigende Sinusschwingungen werden über sie abgespielt, ähnlich wie über Lautsprecher. Die elektrischen Magnete machen die Töne jedoch nicht hörbar, stattdessen werden die Schallschwingungen in schwingende Magnetfelder umgewandelt. Sobald die Sinusschwingung im Magnetfeld eine Frequenz durchläuft, die mit der Stimmung einer Saite übereinstimmt, beginnt die Saite zu schwingen. Insgesamt ergibt dies eine schimmernde, sich ständig verändernde und sich langsam entwickelnde harmonische Textur.
Die Hi-Hat-Ständer, auf denen die Gitarren montiert sind, können vom Publikum bedient werden. Wenn das Pedal am Hi-Hat-Ständer betätigt wird, wird eine einzelne Gitarre aus ihrer horizontalen Standardposition abgesenkt. Da die Saiten aller Gitarren miteinander verflochten sind, wirkt sich schon eine kleine Veränderung der Position eines Instruments auf die Stimmung aller vier Gitarren aus. Die Betätigung des Fußpedals auf einem Hi-Hat-Ständer führt somit zu einer Veränderung der Gesamtharmonie.
Darüber hinaus werden nach der Interaktion Sprachaufnahmen ausgelöst und im Hintergrund abgespielt. Sie ergänzen und erweitern die fiktive Geschichte der E-Gitarre, wie sie in den Teilen Why Frets? - Requiem for the Electric Guitar und Why Frets? - Downtown 1983 dargestellt wird.